Mittwoch, 18. April 2001

Neues aus der Anstalt 2001

Patient zu werden ist nicht schwer...

Beim Arztbesuch stellt sich heraus:
Mensch, du musst ins Krankenhaus;
um nicht in Bälde zu erblassen,
musst du dich operieren lassen,
du musst dich lassen operieren,
um nicht bald schon zu krepieren!

So kommst du eines Tages an
mit U-Bahn oder Straßenbahn,
betrittst das Haus an falscher Stelle,
willst melden dich jetzt auf die Schnelle
und stehst am falschen Schalter Schlange.
Hier stehst du nun, ein bisschen lange
und erfährst dann ungefähr:
Hier ist „Not“, nicht „stationär“.

Nun suchst du auf den Hinweisschildern
nach Logos, Zeichen oder Bildern,
die auf den rechten Weg dich führen,
dich zu lassen registrieren.

Ein Mensch vom Pflegepersonal
erkennt dann deine innere Qual
und weist zu einem langen Gang,
weit über hundert Meter lang,
den musst du durch. An seinem Ende
wirst aufgenommen du behände.

Ein Apparat mit tausend Nummern,
die in seinem Innern schlummern,
spuckt dir dann eine Nummer aus.
Noch dreißig vor mir? Welch ein Graus!

Nun stehst du da und zählst Minuten,
die könnten sich doch wirklich sputen!
Fünf Kabinen mit fünf Damen,
die früh zum Dienst hierher schon kamen,
sollten wirklich fähig sein,
den Andrang hier zu halten klein.

Ein Gong ertönt, eine Nummer erscheint,
ach, ich bin noch nicht gemeint;
und überhaupt, es tut sich wenig,
der Patient ist hier nicht König!

Seitlich von den fünf Kabäuschen
gibt es Türen zu dem Häuschen
und ich merke voll Entsetzen,
dass drei aus diesen Türen hetzen.

Anscheinend ist grad Kaffeepause
und dieserhalb kein Mensch zu Hause.
Tatsächlich steht die Nummer still,
deren Änderung ich will.

Was soll’s, nach beinah einer Stunde
wurde ich – endlich – der nächste Kunde,
war registriert und aufgenommen,
hab ein Faltblättchen bekommen
und kurz darauf war ich auch schon
angekommen auf Station.

Die Schwester hier war riesig nett,
zeigte mir auch gleich mein Bett
und wies mich in Verschiednes ein,
was mir sollte dienlich sein.
Überhaupt! Das Personal
Ärzte, Schwestern ohne Zahl,
alle freundlich, menschlich, heiter,
liebenswert, warmherzig und so weiter...
Ich bin ganz des Lobes voll
und finde dieses richtig toll!

Doch nun etwas Anderes, was mich zwickt,
Eugen Roth [Arzt und Dichter] hat’s so ausgedrückt:
„Alkohol und Nikotin
rafft die halbe Menschheit hin,
doch ohne Schnaps und ohne Rauch
stirbt die andre Hälfte auch!“ [Zitat Ende]

Tatsache ist: Im Krankenhaus
schenkt man Alkohol nicht aus,
obwohl man weiß, zum Nieren spülen
sollte man ein Weißbier kühlen
und dieses dann genüsslich trinken -
so wird Gesundheit einem winken!

Der Verwaltungsapparat,
der das Verbot erlassen hat,
fürchtet wohl, dass schon ein Bier
den Patienten macht zum Tier;
oder glaubt mit voller Wucht,
ein Bier täglich sei schon Sucht!

Deshalb gibt’s nur Lewenbrei,
von Alkohol zur Gänze frei
und nur zu einem drittel Liter
für stolze vier Mark! Das ist bitter!

Hochgerechnet kost’t die Maß
zwölf Mark – und das ist kein Spaß,
denn auf dem Oktoberfest,
wo man’s manchmal krachen lässt,
kriegst du dafür echtes Bier,
also anders wohl, als hier!

Fazit: In Äskulaps Tempel
gibt es nur Plempel!

Jedoch, um im Bild zu bleiben,
möchte ich diesen Tempel beschreiben.
ich vernahm es sehr verwundert:
die Bettenzahl ist dreizehnhundert
und in dem Riesenareal
gibt’s mehr als fünftausend Personal.
Das ist beachtlich, will ich meinen,
das ist ja eine Stadt im Kleinen!

Und diese Kleinstadt wird verwaltet,
dabei wird auch manch Mist gestaltet,
der Ordnung zwar und Ruhe bringt,
den Patienten aber stinkt.

Natürlich stinkt auch kalter Rauch
und jeder Raucher weiß das auch.
Doch möcht’ an dieser Stell’ ich fauchen:
Nicht alles Übel kommt vom Rauchen!

Raucher sind Menschen zweiter Klasse,
sie füllen zwar dem Staat die Kasse
mit ca. fünf Milliarden jährlich,
doch leben sie hier höchst gefährlich!
Rauchverbot im ganzen Haus,
wer raucht, der muss ins Freie raus
und im Feuchten, Kalten stehen,
um dem Entzuge zu entgehen.
Wie leicht kann man sich da erkälten!
Ich glaube, das ist gar nicht selten.

Alternativ gibt’s nur die Kantine,
wo man, gequetscht wie eine Sardine,
in Ruhe eine rauchen kann.
Ein Warteraum ist gleich nebenan,
abgeteilt mit Holzpaneelen.
Doch die Aschenbecher fehlen!

Hier darf man nämlich auch nicht rauchen,
weil da gleich die Pförtner fauchen,
das Rauchen sei hier auch verboten.
Zwar qualmen sie selber und das nach Noten
in ihrer Loge ganz ungestört. -
Wo diese wohl dazu gehört?

Schluss damit! Es gibt noch mehr,
was mir aufgefallen sehr.
Beispielsweis’ das Telefon.
Das kriegst du für zwei fünfzig schon,
nicht pro Woche, sondern pro Tag.
„Ganz schön teuer“, so meine Klag’.

Noch teurer ist das Fernsehvergnügen,
das kannst du täglich für sechs Mark kriegen
und die Frage quält mich am meisten:
Welcher Kranke kann sich das leisten?
Vielleicht gäb’s Fernsehnutzer mehr,
wenn die Nutzung billiger wär’?

Damit man kommen kann an Geld,
wurde ein Geldautomat aufgestellt
und der ist von der Spardabank.
Sind deren Kunden alle krank?
Wurden andere Banken nicht gefragt?
Ich versteh es nicht! Gott sei’s geklagt!

Weil schließlich alles enden muss,
komme allmählich ich zum Schluss.
Reine Kritik ist primitiv,
sie sei ein wenig konstruktiv:
Änderungen sind kein Übel!
Schließlich ist man ja flexibel!

Soweit mir bekannt ist, gibt es schon
einen Aufenthaltsraum auf jeder Station
und es wäre ein Leichtes, zwei Stationen,
die im gleichen Hause wohnen,
sinngemäß so zu vereinen,
dass man rauchen darf im Einen.

Getränkeautomaten sind,
das weiß beinahe jedes Kind,
mit einer Kühlung stets versehen,
wenn sie aufgestellt wo stehen.
So könnte (Weiß-) Bier es da geben,
wo medizinisch spricht nichts gegen.

Kaffee gibt’s nach dem Mittagstisch,
heiß und aufgebrüht ganz frisch
und der Behälter gibt es zwei.
Reichlicher wären sicher drei.

Genug! Genug hab ich erzählt
von allem, was mich hat gequält
und ich komme nicht umhin,
nunmehr die Bilanz zu zieh’n:

Das „MRI“ – ich mach keine Witze -
ist medizinisch einsame Spitze
und genau so phänomenal
ist das Pflegepersonal.

Organisatorisch ist der Kasten veraltet
und auch die Denkweise, die ihn verwaltet,
doch könnte sich, bei gutem Willen,
so mancher Patientenwunsch erfüllen
und ich wünsch dem Verwaltungsapparat,
dass er – vielleicht – ein Einseh’n hat!



Dem Team der Station 6/2 des Klinikums Rechts der Isar der Technischen Universität München in Dankbarkeit gewidmet von

Otto Schlagenhaufer
Virgilstraße 17

81673 München, den 27. Nov. 2001

Nachrichtlich
an die Verwaltung des Klinikums Rechts der Isar der Technischen Universität München

Nach Einführung des €uro ergänzt:

Telefon 1,30 €/Tag = DM 2,54/Tag
Fernsehen 3,00 €/Tag = DM 5,87/Tag