Dienstag, 22. September 2009

Neues aus der Anstalt 2009

Neues aus der Anstalt 2009
Schwabinger Krankenhaus München vom 31.07.2009 bis 14.08.2009 und vom 15.09.2009 bis 22.09.2009


Ein Ü-Schein für den Angiologen,
ausgestellt vom Diabetologen,
führte mich zu Professor Tató
und der erklärte mir dann so:

Er meint, es gäbe zwei Möglichkeiten,
mein weiteres Dasein zu bestreiten.
Die eine sei, gar nichts zu tun
und vom Nichtstun auszuruhn,
die andere sei eher gescheit,
verlange aber Mitarbeit.

Ich entschied mich für einen Wandel
und landete alsbald bei Professor Brandl,
dem Chefarzt der Gefäßchirurgie,
Chefarzt, denn er leitet die.

Vorläufig jedoch sah ich ihn nicht,
ich kriegte ihn nicht zu Gesicht,
„nur“ eine Ärztin der Station.
Die Vorstellung? Das war es schon.
Aber sie wollte mich dabehalten.
Ich musste schwer dagegen halten.

Wir einigten uns auf den nächsten Morgen,
jetzt aber wollt’ ich mir Essen besorgen,
denn es war schon beinah drei,
der halbe Tag war schon vorbei.

Ich suchte das Bistro und fand es auch,
fand auf der Karte ´was für den Bauch
bestellte mir Leberkäse mit Ei,
eine „Schneider Weisse“ war auch dabei,
ich war zufrieden und dachte mir:
Hier gibt es wenigstens gutes Bier!

Und dann kam der nächste Tag,
letzter Juli, ein Freitag,
aber der war gar nicht frei,
für’s Erste war die Freiheit vorbei.

Es begann auch gleich mit Patienten-Aufnahme,
dann gab es eine Blutabnahme,
Verbandswechsel und Nahrungsaufnahme
für alle ohne jede Ausnahme.
Vorher war noch LuFu-Test 1}
und EKG und Röntgen g’west.

1} = Lungenfunktionsprüfung

So hat man mich gleich durchgecheckt,
Gott weiß, wer dieses ausgeheckt.
Und so verging der erste Tag -
aber die Nacht war eine Plag!

Wir waren vier in einem Zimmer -
ich dachte, schlimmer geht es nimmer,
denn einer von den Patriarchen
fing an ganz fürchterlich zu schnarchen!
Es wurde Morgen, relativ flott,
und dann begann der Alltagstrott:

Gleich nach dem Mittag kommt meine Frau,
sie nimmt es mit Krankenbesuchen genau
und bringt mir Obst und die neueste Zeitung,
geht mit ins Bistro – unter meiner Leitung.

Vorher noch hab ich mich abgemeld’t,
dann verlass’ ich das Bettenfeld
und schieb meinen Rolli Richtung Bistro,
Durst habe ich ja sowieso
und ein paar Weizen von Georg Schneider
helfen mir gleich enorm viel weiter.

Samstag, Sonntag ging vorbei,
es war ein fades Einerlei,
abwechselnd Essen, ein neuer Verband -
die Suppe reizte zum Widerstand.

Es kam der Montag, die erste Visite,
ein OP-Hemd zu tragen sei hier Sitte.
Was war das denn? Was? Wie bitte?
Ein bisschen Stoff um die nackte Mitte?
Nur im Falle, dass man mich schnitte 2}
würd’ ich erfüllen diese Bitte!

Dieser Fall trat bald schon ein,
denn ich sollte nüchtern sein,
bekam Herzkatheder und in Konsequenz
in die dorsale 3} Arterie drei Stents.

Jetzt ist mein Herz wieder wie neu,
worüber ich mich riesig freu,
und die Weisung: „Sehr viel spülen!“
war Balsam meinen Gefühlen.
Ich hab den Auftrag gut genutzt
und sehr viel Schneider-Weiss verputzt.

2} = im Fall einer OP
3} = Herzrückseite

Die Begründung, kurz gefasst,
in mir ist zuviel Kontrast.
und der muss raus sagt Analyse,
um zu vermeiden Dialyse.

Aber schnell noch in das Bein
kommt ein neuer Stent hinein.
Erst die Ballondilatation,
dann eine Stentimplantation -
dieses soll, so will es scheinen,
die Durchblutung fördern in den Beinen.

Soviel von der Medizin.
Es brauchte etwas Disziplin,
um gezielt es zu vermeiden,
in Fettnäpfchen hineinzugleiten.

Damit komm ich aufs Essen zu sprechen.
Nun – es war nicht zum Erbrechen,
gleichwohl manchmal ein Verbrechen
und ein Grund sich zu bezechen.
Ich frage hier nur schlicht: „Warum
geht man so mit Speisen um?“

Eines muss ich noch vermelden,
denn solch ein Anblick ist eher selten,
auch das Klinikpersonal
hielt’s im Bild fest, digital!

Zum Abendessen eine Terrinen
und die Frage: was ist da drinnen?
Zwei gelbgraue Klumpen, die Tieren gleichen –
sind das etwa Wasserleichen? -
Geplatzte Weißwürst’, die Haut war innen!
Das war das Geheimnis der Terrinen.

So weit der aktuelle Bericht.
Die Zukunft kenne ich noch nicht,
doch so viel ist sicher jetzt:
Der Bericht wird fortgesetzt!

Ach ja, am 14ten entlassen,
konnte ich es fast nicht fassen,
dass mich sehr, sehr kurz davor
lud Professor Brandl vor,
mein Gesäß zu ultraschallen.
Ich bin beinah aus den Wolken gefallen.

Vier Wochen Schonzeit gingen rum,
ich bin wieder im Klinikum
und lernte gleich als erste Lektion:
Morgen gibt’s eine Operation.

Das heißt, so sicher war das nicht,
doch alle taten ihre Pflicht
taten, was ihnen aufgetragen
ohne etwas auszusagen.
Mit vielen Pausen und mancherlei
ging der Rest des Tages vorbei-

Am nächsten Tag hörte ich Schritte:
Zehn Leute kamen zur Visite,
vom Professor Brandl angeführt.
Der hat dann Folgendes ausgeführt:

Auf der Basis von Lunge und Herz
ist die Operation beileibe kein Scherz!
Blutungs- und Infektionsgefahr
stellen sich den Ärzten dar.
Da habe ich ganz schnell begriffen:
Das Ärzteteam – es hat gekniffen!

Andrerseits liegt auf der Hand:
Man hat es viel zu spät erkannt!
Was vor'n paar Jahr'n noch ganz passabel
ist heute schlicht irreparabel.

Denn die Backe von meinem Po,
die immer weh tat, sowieso,
weil sie zu wenig ward versorgt,
die ist so lange schon verkorkt
und leider nicht zu reparieren.
Man kann ja nichts mehr korrigieren.

Ich hab mir erlaubt, darauf zu verweisen,
dass meine Ferse nicht ist aus Eisen,
sondern mit einer NEK-Rose geziert,
die mich peinigt und sekiert.

Darauf sind mittags zwei Ärzte gekommen,
die haben sich des Falls angenommen
und diese „Blume“ gesalbt und behandelt,
damit sie mich nicht mehr verschandelt.
So blicke ich erst einmal relativ heiter
auf die Zukunft und wie es wohl geht weiter.

Inzwischen wurde es Donnerstag
und zur Klärung einer Frag
mußte ich zum Ultraschall,
das ist hier total normal.

Danach wurde Verband gewechselt
und an meinem Fuß gedrechselt
und es kam ein Herr Dirk Bruns
an das Krankenbett von uns
verkaufte mir einen „Fersfreischuh“
jetzt hat meine Ferse Ruh!

Am Mittag hieß es: Im Zimmer bleiben!
(Und irgendwie die Zeit vertreiben)-
Ernährungsberatung kündigt sich an,
damit ich leichter abnehmen kann.

Geduldig bin ich dagesessen,
hab ferngesehen und gelesen,
doch es kam kein einzig Wesen,
mir zu helfen beim genesen.
Bis halb sechs hielt ich es aus,
dann war ich wütend, musste raus!

Am Freitag sollt' es anders sein:
Ich nahm g'rad noch mein Essen ein,
da klopfte es schon an der Tür,
eine Beraterin war hier.

Hier möchte ich nicht weiter lästern,
denn es war nicht „die“ von gestern,
„die“ hat eine Kollegin geschickt,
damit sie mich mit Weisheit beglückt.
Mit ihr hab ich mich bald verstanden,
sie hatte auch gar nichts anzubestanden.

Frühstück, Mittag, Abendessen
sind beanstandungsfrei gewesen -
nur bei den Getränken
sollt' ich mich beschränken.

Weißbier als solches ist gar nicht schlecht,
wenn den Durst man löschen möcht
und es ist zu dedizieren
bei der Spülung von den Nieren,
doch sind 2 Maß ein ganzes Essen
und das darf man nicht vergessen.

Ich habe das zur Kenntnis genommen
und habe mir auch vorgenommen:
Ich probiere das zu Haus,
komm ich erst einmal hier raus.

Doch hier ist Weißbier eine Lust.
Um zu bekämpfen manchen Frust,
und zur Steigerung vom Wohl,
ist gut geeignet Alkohol -
freilich nicht in großen Massen,
aber in beschränkten Maßen!

Das Wochenende ist vergangen,
eine neue Woche hat angefangen
und schon am Dienstag warf man mich raus,
so bin ich also wieder zu Haus.

Jetzt ist wieder die Hausärztin d’ran,
mir zu zeigen, wie’s geht voran
und ich hör sie schon dozieren:
„So was muss man operieren!“
Doch glaubt die Klinik unbeirrt,
dass es von selber besser wird.

Nekrose hin, Nekrose her,
es gibt dafür keine Gewähr
und das behaupt ich konsequent.
Doch ich bin „nur“ der Patient!


Verfasst am Entlassungstag 22. Sep. 2009
von Otto Schlagenhaufer